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01. April 2022 · Stuttgart – Amsterdam – Boston. Ticket und Mietwagen Mitte März 2022 gebucht und am 30. 03. 22 um 06:00 Uhr hob der Flieger ab. 18 Stunden zuvor noch den Corona PCR-Test absolviert, das negative Ergebnis trudelte online 8 Stunden vor Abflug ein. Seit "Grandpa Jo" im November 2021 den Schengenraum wieder für die touristische Einreise in die USA geöffnet hatte, gilt die verkürzte 24-Stunden Regel für Corona-Tests. Ein ziemlich knappes Zeitfenster. Zumindest wenn man sich nachts – wenn alles schläft – auf die Reise begibt. Anyway – all worked out fine. Bis ich den Mietwagen vor der zuvor online gebuchten Unterkunft in Boston parkte.
Klingel an der Tür gedrückt, irgendjemand antwortete, machte aber die Haustür nicht auf. Sturmklingeln. Die Tür öffnete sich und ein junger Mann stand vor mir. Es war nicht der Rezeptionist oder Concierge, sondern ein eingemieteter Gast. Wir kamen ins Gespräch. Ich regte mich auf, dass vor Ort niemand für den Check-In auffindbar ist und er erläuterte mir, dass die ganze Apartment-Vermietung zum Himmel stinkt. Er selbst hatte allerlei Probleme und wolle wieder raus und weg. Und ich kam nicht rein. Gemeinsam telefonierten wir diverse Service-Nummern des Apartment-Anbieters ab, landeten aber immer nur auf automatisierten Ansage-Diensten. Ergebnis – keine Unterkunft und die Erfahrung it was a rip off. $ 250 für 2 Nächte waren erstmal just for nothing flöten gegangen.
Nach einem beiderseits herzlichen take care verabschiedete ich mich von dem jungen Mann und warf, wieder im Auto sitzend, die Google-Maschine an. Es wurde Nacht und im Dunkeln ist in der Fremde nicht gut munkeln. Also schnell eine neue Unterkunft finden. Zack-Zack, Klick-Klick spuckte mir Google das Copley House aus. Downtown Boston für $ 320 inklusive $ 60 Parkplatz für 2 Übernachtungen. Deal. Mein ehemaliges Kinderzimmer mit 12 qm2 war deutlich größer als diese Unterkunft. Ein Bett, ein Fernseher an der Wand und eine Garderoben-Ecke. Das von anderen nicht benutzte Gemeinschafts-Badezimmer lag zum Glück direkt neben meinem Zimmer. Anyway – I got a room.
Versöhnt wurde ich am folgenden Tag durch einen sunny day in Boston. Ich nutzte ihn für eine Entdeckungstour zwischen der Copley House Umgebung und der Washington Street. Die Washington Street ist rund 37 Meilen lang und führt in Richtung Rhode Island bis zur Staatsgrenze von Massachusetts. Ich beschränkte mich auf ein paar Meilen zu Fuß in Downtown Boston. Dies auch, um ein kleines Problem zu lösen.
The Copley House Apartments - Eingang sieht weitaus beinduckender aus als das gemietete Zimmer.
Copley House Umgebung - Das gesamte Viertel heißt jedoch Boston Bay Back.
Und wie sagte schon einst Nancy Reagan: Well Ron, in case that there is no heaven - there is always a 7 Eleven.
Wir
alle lieben die digitale Welt mehr oder weniger, aber wir hassen die
Anbieter der digital devices wegen ihrer Geschäftspolitik. Oft und
öfter zwingen sie uns, nur ihre anbieterspezifischen Tools, Gadgets
und Apps zu nutzen. So auch im Falle von Ladekabeln.
Auf
meiner Reise bin ich mit Foto-, Video- und sonstigem Equipement gut
ausgerüstet – mein original Samsung-Ladegerät für mein
Smart-Phone hatte ich jedoch vergessen mitzunehmen. Die
Allerweltskabel mit USB-Ladestecker funktionierten nicht. Also ab zu
T-Mobile und einen original Samsung-Charger besorgen. Mit den Jungs
im T-Mobile Shop hatte ich dann noch eine halbe Stunde lang lustige
Fachgespräche geführt und – fast logisch – über deutsche Autos
und deutsche Autobahnen gesprochen. Ist fast immer so – sagst Du -
I am from Germany – schon geht’s los. Porsche, Mercedes Benz und
Autobahn. Zumindest amerikanische Männer verbinden Deutschland oft
mit der Freude am Fahren. BMW wird allerdings nicht erwähnt.
Deutschland – Freeway Freedom. Das wissen die „Normalo-Amis“.
Und irgendwann fiel die Mauer. Cool. Mehr kaum. Es ist gelegentlich
so, als würde man Italien nur auf Pizza reduzieren.
Vor
dem T-Mobile Store traf in dann zufällig noch ein paar
Fotografen-Kollegen und wir fachsimpelten ein wenig über die alten
Kodachrome Zeiten und die Digital-Fotografie.
Fotografen-Kollegen vor dem T-Mobile Shop. Läuft Magenta in den USA etwa besser als zuhause in good old Germany?
Selbst
spazierte ich durch Boston Downtown, schoss sporadisch Fotos und kam
mit diesem oder jener auf der Straße ins Gespräch. Kurze
Schwätzchen und keine langen Diskussionen. Für klare Ansagen sind
die Amerikaner ja bekannt. So traf ich z.B. auf Steven, seit 5 Jahren
homeless. Als er meine Kamera sah sprach er mich an und gab mir Tipps
für lohnende Foto-Motive in der Stadt. So kamen wir ins Gespräch.
Mir war zuvor schon aufgefallen, dass Personen mit Protest-Plakaten gegenüber eines geöffneten, aber für die Öffentlichkeit geschlossenen Hotels standen. Auf meine Frage, was es damit auf sich habe, schilderte mir Steven die kommunale Politik der Stadt Boston im Umgang mit den Obdachlosen und der Drogen-Szene.
Die Stadtverwaltung fährt ein Programm – durchaus lobenswert – unter der Prämisse housing. Um Obdachlose und Drogenabhängige von der Straße zu holen, werden seitens der städtischen Verwaltung Hotels angemietet. Zur reinen Unterbringung der prekären Klientel. Ohne klare und perspektivische Therapie- oder Hilfskonzepte. Aus diesem sozialpolitischen Ansatz, so Steven, ist eine Art Kampf-Konflikt zwischen den „normalen“ Obdachlosen und den „Drogies“ entstanden. Steven schilderte mir, dass er und die allermeisten in der „normalen“ Obdachlosen-Szene die kommunalen Unterbringungsmaßnahmen zwar grundsätzlich begrüßen und schätzen, aber die ebenbürtige Unterbringung von Drogenabhängigen in angemieteten Hotels ohne zusätzliche Begleitmaßnahmen scharf kritisieren. Weil sich die „Drogies“ destruktiv verhalten, allerlei aggressives Verhalten an den Tag legen und die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten eher in kurzer Zeit verwüsten statt als Behausung zu nutzen und zu pflegen. Zudem bringen sie die Drogen in derartige Unterbringungen mit hinein und und so wird so manche kommunale Unterkunft zum dealer hot spot.
Dies wiederum schreckt die „normalen“ Obdachlosen eher ab, die kommunalen Unterbringungsangebote anzunehmen. Man lebt dann doch lieber in Ruhe und selbstorganisiert in der Obdachlosenszene weiterhin auf der Straße und unter freiem Himmel. Es fehlt, so Steven, für die drug edicted community ein weitergehendes Therapie- bzw. Entzugsangebot inklusive Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensperspektiven. Die Unterbringung allein, nach dem Motto 'Hauptsache weg von der Straße', reicht nicht aus. Das dient bestenfalls der Steigerung einer städtischen Wohlfühlatmosphäre, auch im Hinblick auf den Tourismus in der Stadt. Soviel zu dieser spontanen Begegnung mit Steven.
Boston,
die renommierte Universitätsstadt an der Ostküste, ist wahrlich kein „Schmuddelloch“, sondern eher etwas für die upper class der
amerikanischen Mittelschicht. Bei meinem Rundgang durch Downtown fiel
mir die nahezu klinische Sauberkeit in den Straßen auf. Es gibt kaum
öffentliche Mülleimer im Straßenbild und dennoch liegt so gut wie
kein Papierschnipsel auf den Straßen und Gehwegen herum. Warum? Zwei
Gründe mindestens. Zum einen traben tagsüber zahlreiche
Putz-Truppen durch Downtown Boston und zum anderen spielt die in den
USA stark ausgeprägte Fast-Food und Take-Away Kultur eine Rolle. Der
Ami bewegt sich vorwiegend mit dem Auto fort – und isst auch oft
und gerne im Auto. Sofern er sein Fast-Food nicht mit nach hause
nimmt.
Der gute alte JOHN SINGLETON COPLEY >, Maler seines Zeichens, Boston Library (die größte Public Library in den USA, hinter dem historischen Gebäude erstreckt sich der moderne Teil) und eine Rent a Bike Station. Im Vergleich zu manchen europäischen Großstädten ist Boston allerdings keine Fahrradstadt. In Downtown Boston sah ich den ganzen Tag lang bestenfalls drei Radler trotz der einladenden Radwege-Markierungen.
Der
ganze und enorm hohe Anteil an Restmüll aus Styropor- und
Papp-Verpackungen verbleibt im Auto und wird dann zuhause oder
unterwegs in der nächsten Mülltonne, z.B. auf dem Parkplatz einer
shopping mall, entsorgt. Und im Falle von McDonalds und ähnlichen
Fressbuden wandert der Müll ja gleich im Laden in die Tonne. Auch
ausgedrückte Zigarettenkippen findet man kaum auf den Gehwegen,
Plätzen und am Straßenrand. Weite Teile der USA sind im Zuge von
Jahrzehnten inzwischen zum Nichtraucher-Land geworden, obwohl hier
auf den Zigaretten-Schachteln nicht die in Europa üblichen Text- und
Bild-Warnhinweise unter der Headline „Rauchen tötet“ aufgedruckt
sind.
Im Inneren der BOSTON PUBLIC LIBRARY >.
Lesendes Mädchen ohne Perlenohrgehänge - sieht dennoch fast wie ein Vermeer aus.
Natürlich
ist auch derzeit in den USA das Thema des russischen Angriffskrieges
auf die Ukraine höchst präsent. Allerdings mit einer etwas anderen
Betrachtungs- und Bewertungsweise, als in Europa. Zwar geht es aus
amerikanischer Sicht auch zentral um die Hilfe, Unterstützung sowie
um die Verteidigung und Aufrechterhaltung der demokratischen
Entwicklungen in der Ukraine – hierbei ist man sich mit der
Europäischen Union und der NATO einig. Den klar erkennbaren
Unterschied macht aber die Bewertung der Rolle Russlands.
Insbesondere im Zuge der zurückliegenden zwei Wochen wird hier im
politischen Amerika die Sprache aus Zeiten des Kalten Krieges –
gewissermaßen als nicht verhalltes Echo – immer lauter.
Mit Putin
ist Russland als das evil empire zurück auf der internationalen
Bühne. Und, so mehren sich hier die Stimmen - insbesondere wegen der
Zerstörung von Mariupol, dem Massaker in Butscha und der jüngsten russischen
Raketen-Attacke auf flüchtend wartende Zivilisten am Bahnhof von
Kramatorsk – Putin militärisch stärker „eins auf die Mütze“
zu geben, um es mal umschreibend so auszudrücken. Europa und vor
allem Deutschland werden zunehmend öfter in den News Medien als zu
weich, zu kuschelig und zu uneinig beschrieben, was insbesondere die
Frage des Gas-Boykotts gegenüber Russland und die Qualitäten von
gelieferten bzw. zu liefernden militärischen Ausrüstungsgütern
betrifft. Die an die Ukraine gelieferten türkischen Kampf-Dohnen
werden inzwischen als sehr effizient im ukrainischen Verteidigungskrieg
gelobt; die gelieferten deutschen NVA-Restposten eher weniger.
Architektur wie einst in Ost-Berlin. Es handelt sich allerdings um ein ziemlich großes Areal mit Kirche und viel Sichtbeton-Gebäuden der First Church Of Christ, Scientists.
Insgesamt
bleibt weiterhin das Dilemma des Westens, der USA, der Europäischen
Union und der NATO hinsichtlich einer deutlichen Antwort gegenüber
Russland und zur Verteidigung der Ukraine bestehen. Bei der
Verteidigung der freien Welt darf nicht geschossen werden. Inwieweit
Russland durch wirtschafts- und finanzpolitischen Druck, durch ein
ökonomisches freeze and lock, möglichst schnell in die Knie zu
zwingen ist, bleibt weiterhin unklar. Ebenso ein Kriegsende am
Verhandlungstisch.
In diversen amerikanischen TV-Sendern heißt der Aufmacher zum Thema inzwischen „War In Europe“. Eine Headline, die unter rein territorialen Aspekten so formulierbar ist, unter politischen Aspekten sicher nicht.
BOSTON PARAMOUNT THEATRE >, BOSTON BALLET > Foyer, Statler Park on Stuart Street und endlich mal eine Hausnummer, die man auch von der ISS aus sehen kann.
Newbury Street bei Nacht und Regen. Shopping-Meile mit einem Mix aus fast unzähligen Boutiquen, Shops, Restaurants und Galerien. Ähnlich wie die Bleibtreu Straße in Berlin - nur zweimal teurer, dreimal interessanter und rund zehn Mal länger.
In
Boston sah ich etwas durchaus Beeindruckendes zum Thema Fundraising
für die Ukraine. Eine kleine Grünanlage in einem Stadtviertel, die
komplett mit Blumenbewuchs und Großflächenplakat zu einem
öffentlichen Spenden-Appell-Platz für die ukrainische Sache
umgestaltet wurde. Ein kommunales Statement in Boston. Und Boston ist
X-mal weiter von Kiew entfernt als Berlin.
Free Ukraine - der öffentliche Stadtpark als Spenden-Aktion.
Nach
zwei Nächten in Boston ging es dann in Richtung Rye in New
Hampshire. Zu meinem offspring und deren offspring, sprich zu meiner
Tochter, ihrem Mann und deren vor gut 7 Monaten geborener Tochter,
meiner Enkeltochter. In gewisser Weise mein Auswanderer-Familienteil.
Zu den rein privaten family ties schildere ich hier nichts weiter und
beende diese Passage mit Impressionen aus einem Waldgebiet in Rye,
New Hampshire.
Wald-Impressionen aus Rye in New Hampshire. Na - im Englisch-Unterricht aufgepasst und J. D. Salingers "The Catcher In The Rye" gelesen? Eine frühe coming of age story. Genau, Rye bedeutet Roggen. Mal abwarten, was und wen meine erst 8 Monate alte Enkeltochter im Leben so fangen wird.
SONG
ZU DIESER ETAPPE
Boston:
James Taylor „Whenever You'r Ready“ >
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KEYCONS PUTZLUDER.
ZUM ONLINE-BUCH >
Gender-Identity zertifiziert seit 2007.