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When The Going Gets Tough The Tough Get Going

Den kompletten Monat April 2022 habe ich reisend in den USA verbracht. Meine dritte Reise nach meinem 1-jährigen Aufenthalt in Los Angeles während der Jahre 1987 / 1988. Damals ging die republikanische geführte Präsidentschaft in den USA von Ronald Reagan auf George Bush sen. über. Die GOP (Grand Old Party) hatte einen ihrer besten Läufe damals. Und die deutsche Einheit lag riechbar in der Luft. Auch wegen der damaligen Sowjetunion mit Michael Gorbatschow an der Spitze.

Die Dekaden lang gewohnte „Eiszeit“ im sogenannten Kalten Krieg begann am Ende der 1980er Jahre an beiden ideologischen Polen der Supermächte USA und Sowjetunion zugunsten eines neuen Miteinander abzuschmelzen. Nicht zuletzt wesentlich auch deshalb, weil die „deutsche Frage“ nach 1945 in der Mitte Europas einer Lösungsantwort nah und näher kam. Wir kennen das Ergebnis – die deutsche Einheit. Inklusive Zusammenbruch der Sowjetunion.

Dies damals, das war die Zeitenwende. Die aus dem Zerfall des Sowjetreiches herausgefallenen Ex-Vasallenstaaten Russlands hatten plötzlich die Möglichkeit zur emanzipatorisch-eigenstaatlichen Neu-Orientierung ohne Mütterchen Russland. Egal wohin und wie. Allein die Loslösung aus dem sowjetischen Staatenbund mit seinen vielfältigen „Zwangsjacken-Momenten“ wurde als neue Freiheit in den – nach russischer Sprachregelung - Bruderstaaten empfunden und über die reine Emotion hinaus mit pragmatischer Politik erfüllt.

Einige Staaten hielten weiterhin in der neu gegründeten Russischen Föderation den Machthabern in Moskau die Stange, z.B. Belarus (Weißrussland), Aserbeidschan oder auch Serbien trotz seiner EU-Orientierung. Die Mehrzahl der Staaten in Ost-Europa orientierte sich mehr oder weniger schnell und deutlich in Richtung West-Europa, sprich Europäische Union und damit einhergehend auch in Richtung NATO-Mitgliedschaft.

Die von mir sogenannte Loslösung aus alten Sowjet-Tagen und Neu-Orientierung der ost-europäischen Staaten dauert seit 1990 bis heute an. Nicht immer nur durch formal-juristische Beitrittsverfahren über Jahre hinweg, sondern eben auch durch diesen oder jenen kriegerischen Konflikt. Vergessen wir doch bitte nicht, wo die heutigen Republiken Serbien und Kosovo als aktuelle EU-Beitrittsaspiranten vor rund 25 Jahren standen im sogenannten Jugoslawienkrieg.

An der Pforte des Panzermuseums in Munster steht der Satz von Walter Benjamin – „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg.“

Es gibt Zeiten, da ist der Frieden in der oft postulierten Freien Welt nicht ohne Blut, Schweiß und Tränen herstellbar bzw. nachhaltig sicherbar. Auch mit militärischen Mitteln. Eine Armee ist in letzter Konsequenz der verlängerte Arm der politischen Außenpolitik. In friedensbewussten und dem allgemeinen Wohl der Menschen zugeneigten Staaten gilt die militärische Option ideologisch und geradezu doktrinär allein dem Verteidigungsaspekt im Falle von äußerem Angriff. Die Rüstungslogik lautet hierbei als Botschaft – greif mich nicht an, denn andernfalls wird es Dir mehr wehtun als mir.

Deutschland - nach 1989 / 1990 weltpolitisch als „geheilt entlassen“ – muss sich nun klar positionieren, bezüglich der russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Nicht unbedingt im Kontext der EU und der NATO spezifisch, sondern allgemein im Sinne der Verteidigung der Freien Welt. Es gilt, dass Selbstbestimmungsrecht des ukrainischen Staates zu sichern und in diesem Verteidigungskampf der Ukraine gegenüber dem Aggressor Russland Schützenhilfe aller erdenklichen Art zu leisten. Auch mit brauchbarem Kriegs-Equipement. In diesem Zusammenhang ist die deutsche Diskussion bezüglich der Bewertungen Verteidigungswaffe oder Angriffswaffe absolut dämlich. Alle Lieferungen von militärischen Gerätschaften bis hin zur digital-gestützten Aufklärung per Satellit und in militärischen Netzwerken dienen der Verteidigung der ukrainischen Freiheits- und Demokratiebestrebungen.

Dies haben auch die Unterzeichner des offenen Briefes aus der Feder von Alice Schwarzer & Co. grundsätzlich erkannt. Doch sie kommen in ihrem Appell an die Bunderegierung mit Olaf Scholz an der Spitze im Kanzleramt, mit der intellektuell verbrämten Tränendrüse zum Schlagwort Krieg und Frieden daher. Robert Habeck hat das zurecht mit dem Begriff „Vulgärpazifismus“ kommentiert.

Der entlarvende und den eigenen offenen Brief von Schwarzer & Co. nahezu ad absurdum führende Satz ist dieser im Absatz-Kontext.

„Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern. Und zum andern, dass die Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren „Kosten“ an Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung ausschließlich in die Zuständigkeit ihrer Regierung falle. Moralisch verbindliche Normen sind universaler Natur.

Eben – „in die Zuständigkeit ihrer Regierung falle“. Es ist das souveräne Recht der Ukrainer und der derzeit agierenden und demokratisch gewählten urkrainischen Regierungsführung, den Preis für die nationale Selbstbehauptung zu bestimmen und - im Falle von Blutzoll - auch zu zahlen. Das mag man im Exportweltmeisterland Deutschland vom Sofa aus in der EMMA-Lounge und am Filmförderung-Set von Andreas Dresen anders sehen, aber hier geht es nicht um Martin Walser oder Juli Zeh Romane, sondern es geht um die Situation der Ukraine im Hier und Jetzt. Und solange die ukrainische Bevölkerung keine offenen Briefe an Wolodymyr Selenskyj mit der Bitte um ein Ende des ukrainischen Verteidigungskampfes wider den russischen Aggressor verfasst, sollten alle deutschen Feuilleton-Krieger einfach die Klappe halten.

Übrigens auch, was die inzwischen fast inflatorische Rede in Sachen Beschwörung eines 3. Weltkriegs oder eines Atom-Kriegs betrifft. Hier wird per deutscher Diskussionsfreude perspektivisch ein Teufel an die Wand gemalt, der die aktuell waren Teufeleien Putins und Russlands in diesem Angriffskrieg fast schon übertüncht. Es geht nicht um den drohenden Untergang der Welt, sondern es geht darum – und hier lag der amerikanische Präsident Joseph Biden in seiner vielfach kritisierten Bemerkung völlig richtig in dem er sagte „Dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“ und weiterhin darauf mehrfach hinwies, dass Putin-Russland in diesem Krieg mehrfach „Völkerrechtsverbrechen“ begangen hat.

Fazit. Worum geht es? Es geht um ein downgrade russia für die Zukunft. Nicht unbedingt wirtschaftlich, sondern im Weltsicherheitsrat. Putin hat endgültig alles Wohlwollen auf dem internationalen Parkett verspielt. Das von Barack Obama zurecht als Regionalmacht bezeichnete Russland bzw. die Russische Föderation nach dem Zerfall der Sowjetunion, hat sich mit und durch Putins Politik seit 2020 den Spielbeinfuß in den Türen und Zimmern des international-globalen Hauses derart eingeklemmt, dass es nach demnächst so oder so kommenden Friedensverhandlungen infolge des aktuellen Russland-Ukraine-Kriegs nur zu etwas wie einer Großmacht-Ächtung Russlands unter allen anderen Großmächten kommen werden wird, ja kommen muss, wenn man noch alle Tassen im Schrank hat.

Die große Frage ist, welche Konsequenzen zieht China aus all dem? Und last but not least – wird sich die Europäische Union endlich geo-politisch und geo-strategisch per Einheit in Verschiedenheit als verlässlicher und die Weltgeschicke mitprägender Player und Partner entwickeln. Macron und Scholz haben jetzt drei, vier Jahre in Warp-Speed wenig Zeit zum Machen. Nicht für eine Zeitenwende.

The Times Are Achanging – das wissen alle mit Bob Dylan. Zeitenwende ist immer, bei jedem morgendlich neuen Aufwachen. Jetzt geht es allerdings in Zeiten der 20. Jahre des 21. Jahrhunderts nicht mehr um ein best timing, sondern um eine new order. Es geht um die neue Weltordnung mit allen auf dem Planeten. Zum möglichst besten Wohl aller in jeder Hinsicht. Auch mit Afrika. In diesem Sinne – keep the faith.

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