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No talk - no walk

Ein Internet-Portal gilt mittlerweile als so etwas wie das eigene „Tor in die Welt“. Ob Unternehmen, Freiberufler, Parteien, Bürger-Bewegung oder auch nur Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher – sie alle wollen mehr oder weniger wichtig tuend – ihre Sicht auf die Dinge allen anderen mitteilen. Ob Lieschen oder Otto ihren Urlaub mit wunderschönen Fotos aus Kambodscha in der Netzwelt dokumentieren und präsentieren oder ob Hinz & Kunz Katzen- oder Pizza-Fotos auf Facebook teilen, das mag für den Rest der Welt weniger Relevanz haben, als es die Veröffentlicher in ihrer Ego-Blase meinen. Nicht jeder Expressionismus ist auch Ausdruckskunst, wusste schon Kurt Schwitters vor rund hundert Jahren.
Anders ist es allerdings im Falle der so genannten Institutionen jedweder Branche und Couleur. Für sie ist das Internet als Präsentations-, Informations- und Meinungsbildungsplattform längst das Medium auf der Höhe der Zeit. Auch für Parteien. Die GRÜNEN sind da z.B. sehr up to date vorne weg. Auch die FDP neuerdings. Und – aufgemerkt – die AfD mit der Vermittlung ihres Weltbildes auch. Andere Parteien sind eher so Lala informell und Image bildend unterwegs. Und die SPD in Baden-Württemberg gar nicht. War sie nie so richtig, obwohl doch einst der Bundestagsabgeordnete aus dem schwäbischen Bretten, Jörg Tauss, der erste Online-Sozi war und im Zuge der Zeit zum „Vater“ des „Web-Sozi“ Server-Systems avancierte. Das war irgendwann Anfang der 1990er Jahre, als Boris Becker im Namen von AOL ausrief, „Ich in auch schon drin.“ Jörg Tauss ist Geschichte, Boris Becker auch und AOL sowieso. Nur das altbackene Web-Sozi-System lebt weiter und zahlreiche SPD-Gliederungen lassen ihre Internet-Auftritte dort laufen.

So auch der Landesverband der SPD Baden-Württemberg. Technologisch noch kein so großes Problem in Zeiten von HTML5, der Abschaffung des Flash-Players, dem jüngsten Ende des Yahoo-Chats und der Welt in Zeiten der DSGVO. Aber inhaltlich-thematisch ist das ganze ziemlich problematisch, weil allzu altbacken.

Während fast alle anderen Player im Netz ihre Internet-Plattformen für eine mehr oder weniger gut gelungene Öffentlichkeitsarbeit nutzen, kommt der Internet-Auftritt der SPD in Baden-Württemberg in großen Teilen als Beratungsangebot für die eigene Mitglieder-Klientel daher und bietet so gut wie keine politischen Informationen der Partei für die interessierte Öffentlichkeit. Führt man seine Maus oder den Finger auf dem mobilen Endgerät durch das Seiten-Menü, so findet man allerlei Infos über Partei-Gremien, über parteiprogrammatische Text-Wüsten mit endlosen Spiegelstrich-Aufzählungen, über Mitglieds- und Mitmach-Appelle, über Bilder von längst vergangenen Ereignissen, über Downloads wie „unser Logo“, über Anleitungen zum Tür-zu-Tür-Wahlkampf und lauter interne Sozi-Infos mehr. Öffentlich relevant ist dabei kaum etwas.

Es gibt z.B. gar keinen Menü-Punkt „Themen“, nichts aktuell darüber, was die SPD Baden-Württemberg zu diesem oder jenem Thema denkt, fordert und will. Politik im Hier und Jetzt sowie in Richtung Zukunft findet auf der Internet-Plattform so gut wie gar nicht statt.

Einzig – versteckt im Menü-Punkt „Service“ findet sich ein inhaltsrelevantes Stichwort – „Wohnen muss bezahlbar sein“. Hier gelangt man per Weiterleitung auf eine Seite mit Fragen und Antworten zum Thema Wohnen und Wohnungspolitik der SPD. Allerdings – so richtig auf der Höhe der Zeit und vor allem politisch fordern wirkt dann das dargestellte Informationsangebot auch nicht.

Gut 80% des Internet-Portals sind eigentlich eine reine partei-interne Präsentationsplattform. Für die Öffentlichkeit völlig belanglos und deshalb uninteressant. Den überwiegenden Teil könnte man besser im geschützten Bereich für die Mitgliedschaft unterbringen anstatt die Öffentlichkeit damit zu langweilen.

Auf der Starseite – dem eigentlich aktuellsten Bereich – lesen wir alle Tage lang neue Artikel, in denen die Landesvorsitzende politische Vorgänge, die bereits nach Diskussion so oder so entschieden sind, im Nachhinein lediglich kommentiert. Oder wir lesen andere, wenige weitere Artikel zu bestimmten Themen und manche/r wundert sich beim Lesen oft darüber, warum fast alles immer mit alleinerziehenden Frauen zu tun hat? Wir lesen kaum etwas Thematisches von den doch immer noch zahlreich vorhandenen anderen SPD-Mitgliedern auf der Führungsebene im Land. Kaum ein Thema wird interessant und diskutabel behandelt in den aktuellen Artikeln. Zuviel „Leni sagt:...“ und „Luisa sagt:...“ Zu wenig SPD Politik in ihrer vielfältigen Brandbreite als Attraktion für die Bevölkerung, die am Ende des Tages in großen Teilen auch Wahlvolk ist.

Fazit. Es wäre ein Leichtes, die modernen Medien für die Modernisierung einer auch in Baden-Württemberg sehr deutlich ins Hintertreffen geratenen Landes-SPD zu nutzen und die immer geforderte Debatten-Kultur modern neu zu beleben. Aber Pustekuchen. Seit gut zwei Jahren warte ich – wohl nicht als einziger – auf formulierte Signale und Postulate eines so sehr zelebrierten Neuanfangs mit bürgernaher Diskussionsmöglichkeit. Gerne würde ich mitdiskutieren, doch die Partei bietet nichts an. Es herrscht Funkstille bzw. ein informelles Nichts im Netz. Die Partei verliert die Anbindung auf der inzwischen enorm wichtigen Ebene der digital gestützten Medien. Sie erkennt nicht, wie bedeutsam die Plattformen im Netz inzwischen für den meinungsbildenden Diskurs geworden sind. Fake-News-Debatte hin oder her.
Die Internet-Plattform der SPD Baden-Württemberg, sie ist ein informelles Nichts und wer sich an ihr orientiert wird früher oder später wahrscheinlich ebenfalls dies – ein Nichtwähler. Oder wendet sich per Maus-Klick anderen Partei-Angeboten zu.

0711 · EIN KESSEL BUNTES
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