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Das Duell · Teil 1

A ! S / R. Eichert · Boston · Die vom Moderator Lester Holt (NBC) geführte TV-Debatte war insgesamt eher ein wahlkampfartiger Schlagabtausch zwischen den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton, denn eine wahre Debatte über klare politische Konzepte für die zukünftige Richtungsbestimmung der USA im inneren wie nach außen. Abgesehen von ein paar Bemerkungen zur Bekämpfung von ISIS wurden außenpolitische Sachverhalte und zukünftige Strategien - in bisherigen Kandidaten-Debatten oft ein zentrales Thema gewesen - so gut wie nicht angesprochen. Clinton äußerte sich etwas ausführlicher zur aktuellen Lage in Bezug auf den Iran und verteidigte die langjährige Embargopolitik der USA, da diese letztendlich ohne militärische Eingriffe sowie mit zähem Bemühen auf dem Verhandlungsweg, zum Atomabkommen mit dem Iran vor gut einem Jahr geführt hat.

Trump sah dies deutlich anders und meinte, man hätte den Iran besser nicht wieder salonfähig machen sollen, sondern militärisch und wirtschaftlich weiterhin am Boden halten sollen, da die aktuellen Lockerungen in den Beziehungen eher eine verstärkte Bedrohung des Iran im Weltkonzert darstellen. Zudem bemerkte Trump auch, das die zahlreichen Anstrengungen und Einsätze der USA in Sachen militärischer Unterstützung und Frieden stiftender Maßnahmen in und für andere Länder, von diesen bezahlt werden sollten. Dies unter anderem auch, um dadurch Einnahmen im Staatshaushalt der USA zu erzielen und die hohe Schuldenlast abzubauen. Trump argumentierte ohnehin fast zu jedem Thema bei dem es um Finanzen ging, eher wie ein auf hohe Renditeerzielungen ausgerichteter Unternehmer und nicht wie ein umsichtiger Haushaltspolitiker, der die Finanzen, die Wirtschaft und das Steueraufkommen als einen sich wechselweise bedingenden Komplex zur Steuerung gesamtgesellschaftlicher Bedürfnisse und Prosperitätsentwicklungen versteht. Taxes down, Steuern runter, von 35% auf 15% für mittelständische und große Unternehmen, war eine seiner wenigen klaren Forderungen. Dann würden auch die aus den USA ins Ausland abgewanderten Unternehmen wieder zurückkehren, im Land Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen.

Aus Clintons Sicht seien dies lediglich Anreize für die reichen Schichten und keine ausreichenden Maßnahmen, um den Wohlstand, die Bildungschancen und die Gesundheitsversorgung für alle Amerikaner zu verbessern. Nicht jedes Finanzierungskonzept in der Wirtschaft ist auf Investitions- und Finanzpolitik eines Staates übertragbar, konterte Clinton, und so mancher Vorschlag seitens Trump funktioniere nur für die ohnehin schon wohlhabenden und reichen Amerikaner.

Am Ende des Debattenteils um Geld und Gesinnung kam dann die Frage auf, warum Donald Trump - anders als es die Praxis im Vorfeld vorangegangener Präsidentschaftswahlen gewesen ist - seine Steuerunterlagen bisher nicht veröffentlicht habe? Trump gab hierzu mit bemerkenswerter Chuzpe an, dass er tatsächlich in einigen Jahren gar keine Steuern gezahlt habe und sich deshalb für ein pfiffiges Kerlchen hält. Denn andernfalls wären Teile seiner Einkünfte als Unternehmer sinnlos verschwendet worden, weil die Obama-Administration aus seiner Sicht nicht in der Lage war, mit den Steuergeldern der Bürger eine gute Politik zu machen. Er wäre jedoch bereit seine Steuerunterlagen zu veröffentlichen, wenn Hillary Clinton zunächst ihre bisher unter Verschluss gehaltenen 33.000 E-Mails veröffentlichen würde (siehe dazu E-Mail Affäre Hillary Clinton im Amt als Secretary of State).

Beim nächsten Themenkomplex Innere Sicherheit vermischten sich allerlei Forderungen und Fakten in Bezug auf den internationalen Terrorismus, die Bekämpfung von ISIS, Kompetenzen und Ausbildung von Polizei- und Sicherheitsbehörden - Stichwort stop and frisk, (Verdächtige anhalten und durchsuchen, ein Kriminalitätsbekämpungskonzept in New York) - sowie dem Dauerthema des privaten Waffengebrauchs in den USA, wobei dieser in den einzelnen Bundesstaaten per state law sehr unterschiedlich geregelt ist. Dieser Debattenteil war insbesondere von den jüngsten Vorfällen in New York und Charlotte / North Carolina bestimmt. Mehr zu diesem Themenkomplex in einem späteren Artikel.

Beide Kandidierende hatten im Bereich Innere Sicherheit kaum ausführliche Konzepte anzubieten und verloren sich mehr oder weniger in Bewertungen von Einzelfällen oder - hier gab sich Hillary Clinton deutlich moderater als Trump - appellierten an den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt und bemühten die, auch in Deutschland und Europa gerne benutzte Formel, dass mehr Bildung für alle der wesentliche Schlüssel sei, um auch fast alle anderen Probleme in einer Gesellschaft zu lösen bzw. aus schlechten Verhältnissen in der Gegenwart eine bessere und gewaltfreiere Zukunft zu gestalten.

Seit Jahrzehnten redet man im Land of the free and home of the brave davon. Drei Dinge seien wichtig - three times education. So richtig ist man bis heute nicht vorangekommen. Das amerikanische Bildungssystem ist eher schlechter geworden. Es liegt an den hohen Gebühren für Bildung in all ihren institutionellen Angebotsformen. Manch ein Kindergarten oder eine Grundschule kostet hierzulande fast soviel tution im Jahr, wie ein mittelmäßiges college.
Bernie Sanders war in diesem Zusammenhang bisher der einzige, der in diesem Bereich für Amerikas Zukunft tatsächlich den einzig richtigen Gedanken im Vorwahlkampf hatte und echten change postulierte - Abschaffung bzw. deutliche Senkung der hohen Kosten für die private Finanzierung des Schul- und Hochschulzugangs.

Nach knapp 40 Minuten glitt die Debatte immer mehr ins Kleinkarierte und Eingemachte ab und wurde zum Wahlkampf-Hickhack zwischen Trump und Clinton. Wesentlich interessanter waren dann die zahlreichen TV-Sendungen, Wahlkampfveranstaltungen, Interviews und Kommentare an den Tagen nach der Debatte. Unter dem Strich kam Trump dabei viel besser weg, als er tatsächlich in der Debatte war. Eine deutliche Verschiebung der Umfragewerte in Richtung Clinton bzw. ein jetzt schon gescheiterter Trump sind nicht wirklich auszumachen. Der bad boy bleibt im Rennen. Clinton hat leicht zulegen können. Beide Seiten reden sich nach wie vor alles schöner als es tatsächlich ist. Das Rennen ist weiterhin offen, aber auf den Tribünen führen viele Amerikaner bereits eine ganz andere Diskussion, als die der Präsidentschaftsfrage. Es ist eine Diskussion über die amerikanischen Werte und den so genannten american way an sich im Hinblick auf das noch junge 21. Jahrhundert. Und diese katalytische Wirkung ist das eigentlich spannende in diesem, in großen Teilen völlig überzogenen und gelegentlich hyper-hysterischen, Kampf um den Einzug ins Weiße Haus.

Allerdings - Hillary Clinton gab insgesamt die deutlich bessere Figur ab. Aber eben nur Figur im wörtlichen Sinne. Sie wirkte über die gesamten 90 Minuten dieser face to face Veranstaltung souverän, vergleichsweise zu ihren ansonsten oft oberlehrerhaften Attitüde sogar recht locker, zeigte teilweise Humor konnte einige Male mit zustimmenden Lachern oder Raunen aus dem Publikum punkten, war durchweg kompetenter und wissender als der eher schwadronierende Donald Trump und - sie wusste immer wo die Kameras stehen.
Mit milde entspannten Lippen und wenig gesichtsverzerrender Mimik stand sie über weite Strecken, Trumps Ausführungen konzentriert zuhörend, mit leicht erhobenem Kinn fast schon so in Positur, als würde in der ersten Reihe des Veranstaltungsaales in der Hofstra Universität ein Bildhauer sitzen, der Hillary Clinton schon mal skizziert, um sie dann später am Mount Rushmore Monument in Stein zu meißeln. Links neben George Washington oder rechts neben Abraham Lincoln wäre noch genug Platz für the former first lady als erste weibliche Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika. But it is still a long way to go.

Lesen Sie demnächst "Wer wählt wie wen ins Oval Office im Weißen Haus und in den Kongress im Capitol?"

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