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Hält doppelt besser? SPD sucht neue Wege (Teil 6 und Ende der Artikel-Serie) · Partei-Schock durch Basis-Votum

Das erste, das wir alle in Deutschland noch dem Votum der SPD-Mitglieder tun sollten - ja müssen - das ist der Abschied vom tradierten GroKo-Begriff als solchem. Er gilt nicht mehr.

Am Start in die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts reden wir im Hinblick auf eine überschaubare Zukunft - statt über „Großen Koalitionen“ in Deutschland - über das Streben nach stabilen Regierungsbündnissen. Wie übrigens seit längerer Zeit in anderen europäischen Staaten auch. Hierzulande sind neben den zwei altgewohnten und nach der „Mitte-Mehrheit“ strebenden Parteien SPD und dem Unionsbündnis aus CDU/CSU im so genannten Nachkriegs-Deutschland, die GRÜNEN als dritte ernsthafte Kraft seit den 1970er Jahren hinzugekommen. Und leider hat sich die AfD seit ihren zuvorderst wirtschaftspolitischen und eurokritischen Anfängen mit Lucke und Henkel über Petri und Gauland sowie über die Pegida-Bewegung zu einer parlamentarischen Größe in Ländern und im Bund entwickelt, die man nicht mehr ignorieren oder mit schnöden „Nazis raus Parolen“ ausgrenzen kann. Demgegenüber verharren die FDP und die LINKE - wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen - in einem 5% bis 10% Fenster in der allgemeinen, bundespolitischen Zustimmung. OK - in den östlichen Bundesländern punktet die LINKE besser als im Westen, aber sie hat de facto über ihren Vereinigungswerdegang von der SED über die PDS und westdeutsche WASG als die LINKE in Deutschland bis heute nicht nennswert Fuß gefasst.

Worüber reden wir im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl? Wir reden über jeweils 20 plus X Prozentverteilung für alle Lager. Pi mal Daumen werden sich 20% auf die kleineren Parteien FDP und die LINKE sowie die notorisch Sonstigen verteilen und 80% auf SPD, CDU/CSU, GRÜNE und AfD. Fraglich wird sein, ob die Unionsparteien oder die GRÜNEN bei der kommenden Bundestagswahl im Herbst 2021 stärkste Partei mit jeweils - diese oder jene - 30% plus X werden und inwieweit die SPD überhaupt über eine 20% Marke hinaus kommt. Und besonders fraglich wird sein, ob die AfD als demokratisch geduldete rechtsnationalexstremistische Partei mit zumindet einem „Faschisten“ in ihren Reihen auf Landesebene in Thüringen ihr Bundestagswahlergebnis von 2017 steigern kann und dann eben auch in der 20%-Liga mitspielt.

Also - Große Koalitionen sind Schnee von gestern in Deutschland. Es geht parteipolitisch in naher Zukunft darum, Regierungsfähigkeit in verlässlichen Koalitionen aus Dreier-Bündnissen abzubilden. Es wird um Bündnis-Mehrheiten gehen und dies hat im modernen Deutschland inmitten Europas wahrlich nichts mehr mit den oft zitierten „Schrecken“ Weimarer-Verhältnisse aus alter Zeit zu tun.

Die Unionsparteien CDU/CSU schwächeln nach langen Jahren mit Merkel. Logisch. Man schwächelte auch nach langen Jahren mit Kohl vor Merkel. Die erste Rot-Grün-Regierung mit und unter Gerhard Schröder hat ja nicht knapp über 40% im Jahr 1998 für die SPD eingefahren, weil Deutschland plötzlich rief ‚Alle Macht den Sozis‘, sondern weil man zu großen Teilen Kohl-Müde war. Machen wir uns doch nichts vor - das Schröder-Ergebnis 1998 war zu 10% bis 15% ein Kohl-muss-weg-Ergebnis und kein Ergebnis nach dem Motto Sozis for ever. Demokratie lebt eben auch vom Wandel an den Schaltern der Macht.
Die zurückliegenden vier Legislaturperioden mit und unter Angela Merkel - eine Legislatur mit der FDP und einem Totalversager an der Spitze ausgenommen - haben in drei GroKos bewirkt, dass (ja es war auch koalitionsbedingter Kompromiss-Schrott dabei) unter dem Strich bewirkt, dass Deutschland sozialdemokratisch unterwegs ist und bleibt. Wir Deutsche wählen in der Regel konservativ, und bewahrungsorientiert aber wir freuen uns jeden Tag über sozialdemokratische Errungenschaften im Alltagsleben. Wir lieben und hassen die Sozis zugleich und wir sagen am Ende dann doch immer, dass es ohne die SPD in unserem Land schlimmer und schlechter zugehen würde. Wir ticken sozial links und wählen wirtschaftlich rechts. Und das im Land der Sozialen Marktwirtschaft -tz tz tz.

Ab Montagmorgen des 02. 12. 2019 werden sich bis zum Beginn des SPD-Parteitages am 06. 12. 2019 alle SPD-Gremien auf allen nur denkbaren Führungeben im Willy-Brandt-Haus zusammenraufen und darüber nachdenken, ob das getroffene Basis-Votum bezüglich des Partei-Vorstandsteams Borjan/Esken statt Scholz/Geywitz tatsächlich die beste Wahl ist. Entscheiden werden dies am Ende die Deligierten auf dem Parteitag, die mit ihren Haltungen (die übrigens völlig andere sein können als im Falle der Basis-Befindlichkeiten im Abstimmungsprozess bei der Spitzen-Team Findung) zum designierten Patei-Führungsteam JA oder NEIN sagen.

Es könnte sein - die Gefahr ist fast so groß wie einst in Mannheim - das auf dem Partetag in Berlin ab 06. 12. 2019 geputscht wird. Wider Norbert Walter-Borjans / Saskia Esken. Wider das Mitglieder*innen-Votum. Wider Kevin Kühnert, der mit den Jusos zu früh und zu unsausgreift an Zäunen gerütteltt hat. Allerdings - egal wie das lange Selbstfindungs-Schauspiel der Sozis nun ausgeht - der innerpateiliche Zwist wird bis zur Bundestagswahl 2021 bleiben. Raus aus der GroKo vs. Verbleib in der GroKo und Schwarze Null vs. Rote Zahlen.
Und übrigens. Wenn schon mehr Links-Ruck in der SPD, dann wäre doch wohl mit Ralf Steegner / Gesine Schwan als Team-Player - intellektuell geschärft, emotional vernunftbegabt, pragmatisch konsensfähig in der Streitkultur und durchaus auch mit einem gewissen Fun-Faktor - die bessere Lösung gegenüber Walter-Borjans / Saskia Esken findbar geween.

Der Autor weiß, das die SPD nie untergehen wird, doch er sieht bisher nicht, wie sie wieder mehr Auftriebswasser unterm Kiel gewinnen kann. Die Fragen sind ja vielfach gestellt, doch es mangelt an sozialdemoktaischen Antworten auf der Höhe der Zeit. Das von der SPD-Basis gewählte und designierte Partei-Führungsteam erscheint mir untauglich, um die SPD mittel- und längerfristig wieder zu neuen Ufern zu führen. Im kurzfristigen Glanz werden sie aus meiner Sicht alsbald untergehen und noch Unbekannte werden nachfolgen.

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