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Hält doppelt besser? SPD sucht neue Wege (Teil 4) · Mit wem zieht die neue Zeit?

Bis zum Montagmorgen des 21. Oktober 2019 hatten laut Rheinischer Post in Berufung auf Mitteilungen der SPD-Spitze 123.010 Mitglieder ihre Stimme zur Wahl des Parteivorstandes per Online- oder Brief-Wahl abgegeben. Stimmberechtigt sind 425.630 Mitglieder. Bis zum vergangenen Montag lag die Wahlbeteiligung somit bei 28,9% seit Eröffnung des knapp zweiwöchigen Abstimmungsprozesses, der am 14. Oktober 2019 begann. Fraglich bleibt, wieviele SPD-Mitglieder sich in der zweiten Woche bis zum 25. Oktober 2019 noch an der Abstimmung beteiligen. Zu befürchten bleibt, dass die Wahlbeteiligung am Ende nicht über 50% liegen wird.

Laut Wikipedia-Eintrag haben insgesamt 16.950 Personen - vorwiegend Genoss*innen - die 23 Regionalkonferrenzen, auf denen sich die Kandidierenden zum Parteivorsitz präsentierten, besucht. Das allgemeine Interesse vor Ort war zwar fast durchweg größer, doch die angemieteten Säle waren nicht groß genug, um alle Besucher zu fassen. Und - zumindest bei der Regionalkonferrenz in Filderstadt - waren die rund drei Event-Stunden eher ein eingeübtes Spiel nach dem Verfahren Sozis beantworten Fragen von Sozis. Und zwar immer nur eine Frage an ein Team und bitte nicht immer dieselben Personen fragen - nehmt doch auch mal andere dran.

Die Moderatorin war bemüht, zumindest das Frage-Antwort-Spiel sozial gerecht zu gestalten. Dennoch - als z.B. Norbert Walter-Borjans, den man unter Sozis im Saal ständig NoWaBo nannte (AKK, CL und KGE lassen grüßen), sich zu einem Plädoyer hinsichtlich der Abschaffung der schwarzen Null aufschwang, begann Olaf Scholz auf seinem Hocker nervös zu zucken und man sah seiner Mimik an, wie sein Gehirn bereits zum „Gegenschlag“ ausholte. Aber nichts da - Scholz erhielt keine Möglichkeit zur direkten Gegenrede, um seine Haushalts- und Finanzpolitik inklusive Aufrechterhaltung der schwarzen Null zu erläutern bzw. zu verteidigen. Bloß keinen inneren Richtungsstreit auf offener Bühne vor laufenden SWR-Kameras. Also - nächste Frage bitte.

Eine Dialog-Tour, so hieß das vor geraumer Zeit bei der SPD noch, seit sich Sigmar Gabriel ab 2009 bemüht hatte den Genoss*innen im Laden wieder das Lächeln ins Gesicht zu zaubern, eine Dialog-Tour sah damals anders aus. Während dieser Veranstaltung in Filderstadt hatte man eher das Gefühl, ein Dutzend SPD-Themen wurde auf die (zu der Zeit noch) sieben Teams so verteilt, das jedes Team vom ganzen Bouquet ein paar Blümchen hier, ein paar dort verteilen konnte.

So wurde z.B. Saskia Esken als die Digital-Expertin der SPD im Bund angepriesen und es war für politisch Interessierte ohne Parteibuch schwer nachzuvollziehen, welche Akzente und richtungsweisende Zeichen Frau Esken während ihrer inzwischen sechs-jährigen Mitgliedschaft im deutschen Bundestag auf diesem Gebiet gesetzt hat.

Ein echtes Gesamt-Konzept dahingehend, wie und wohin es mit einer neuen SPD-Führung konkret weiter und besser gehen soll, hatte bis zu diesem Tag niemand. Angesichts des 50-jährigen Jubiläums bezüglich der Wahl und Vereidigung Willy Brandts zum Kanzler, wabert es in der SPD weiter.

Kaum denkbar, dass eines der noch sechs verbliebenen Bewerber-Teams im ersten Wahlgang bei der Mitglieder-Abstimmung die erforderliche absolute Mehrheit erreicht. Zwei „Sieger-Teams“ mit den meisten Stimmen wird es geben und wahrscheinlich ist, dass sich die Anzahl der insgeamt abgegebenen Mitglieder-Voten in einer Bandbreite von knapp 10% bis rund 30% auf die einzelnen Teams verteilen wird. Jeder bekommt etwas ab - zwei Teams haben dann mit den höchsten Prozentwerten die Nase vorn. Eine klare Richtungsentscheidung durch hohe Prozentwerte für ein Team ist kaum erwartbar. Egal welches Team am Ende des Prozesses auch vorne liegen mag - es dürfte Pi mal Daumen nach dem zweiten lediglich den Rückhalt von knapp einem Drittel der gesamten SPD-Mitgliedschaft haben.

Anzunehmen ist, dass es sich bei den Spitzenreitern um Scholz / Gleywitz als Befürworter der GroKo und ihrer Fortsetzung bis zur nächsten regulären Bundestagswahl handeln wird und einem zweiten Team mit GroKo-Aussteigern. Das Gesamt-Genörgel um Fortsetzung oder Ausstieg aus der GroKo hätte somit wenigstens jeweils zwei Gesichter-Paare, wäre personifiziert.

Vom 19. bis 29. November 2019 wird dann Stufe II gezündet. Die SPD-Mitglieder stimmen über die zwei verbliebenen Bewerber-Teams ab - sofern beide bei der Stange bleiben. Eine allzu flaue Wahlbeteiligung im ertsen Wahlgang gepaart mit einem allzu mageren Ergebnis für das Team auf Platz zwei bzw. einem großen Abstand zum Team auf Platz eins, wäre ein denkbarer Rückzugsgrund.

Einen Beeinflussungsgrund für den zweiten Wahlgang stellt die vorher zur Veröffentlichung angekündigte Zwischenbilanzentscheidung der aktuellen Regierungskoalition dar. Gemeinsam taktierend haben CDU/CSU und SPD die Veröffentlichung auf Anfang November 2019 verschoben, damit zumindest der erste Wahlgang beim SPD-Mitglieder-Votum davon nicht beeinflusst wird. Im herbstlichen November könnte es also noch mal stürmisch werden bis dann schließlich am 30. November 2019 das endgültige Ergebnis verkündet wird. Das dann per Mitglieder-Votum favorisierte Team wird auf dem SPD-Parteitag vom 06. bis 08. Dezember 2019 den Delegierten zur tatsächlichen Wahl für den Parteivorsitz vorgeschlagen.

Doch vielleicht erhebt sich aus den Stuhlreihen dann jemand und bittet gemäß Satzung und Geschäftsordung um Rederecht, erhält Gewährung und beginnt am Pult mit den Worten:

‚Liebe Genossinen und Genossen, aufgrund des gemeinsamen Vorschlags von drei Ortsvereinen, schlage ich neben dem kandidierenden Team infolge des Mitglieder-Votums, zur Wahl für den Parteivorsitz außerdem vor, …‘

Lesen Sie hier Teil 5 als letztem Teil dieser Artikel-Serie >

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