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Schwarzer Käse

Wenn der öffentliche Auftakt im Wahlkampf - in der so genannten heißen Phase sechs Wochen vor dem Wahltermin - bereits am ersten Tag mit Krisenmanagement beginnt, dann haben jene, die den Wahlkampf gestalterisch und strategisch managen, etwas falsch gemacht. OK - nichts gegen einen positiven Paukenschlag mit diesem oder jenem Knall-Effekt, aber bereits im ersten Semester an der Peter Pixel School For Corporate Design And Visuell Communication lernt man, dass angriffslustiges Negativ-Campaigning so gut wie immer nach hinten los geht und dabei zusätzlich die große Gefahr heraufbeschworen wird, dass die Angegriffenen ihrerseits aus vollen Rohren „zurückschießen“. Man selbst gerät dann unter noch größeren Verteidigungs- und Rechtfertigungsdruck.

Der vermeindlich aufrüttelnde Auftakt-Angriff in Form von provokanten Postulaten in Richtung des politischen Mitbewerbers kehrt sich allzu schnell in eine Verteidigungsstrategie im eigenen Lager, gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit um und wendet sich am Ende gegen einen selbst. Noch während des Reitens der Wahlkampf-Attacke fällt man vom Sattel und das Pferd singt: Hoppe, hoppe Reiter, wenn er fällt dann schreit er. Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben. Fällt er in den Sumpf, macht der Reiter plumps!

Gut 48 Stunden nachdem die Plakate der aktuellen Kommunal-Kampagne der Neuen SPD Stuttgart in „Schwarzmalerei“ auf einer kleinen Pressekonferenz am 09. April 2019 präsentiert wurden, kummuliert sich in den Sozialen Medien nach ersten Irritationen angesichts der Slogans in weißer Sprechblase auf schwarzer Fläche, eine Art kleiner Schlammschlacht, die noch kein Shitstorm ist. Man ahnt jedoch bereits, was in den nächsten Tagen und Wochen noch kommen wird - allgemeines Sozi-Bashing. Selbstverschuldet durch eigenes Negativ-Campaigning. Und dies ohne Not.

Denn unter Martin Körner hat sich die auf neun Stadträte seit 2014 zusammengeschmolzene Gemeindertasfraktion gar nicht so schlecht in Szene gesetzt. Zugegeben - alles sehr auf Körner als Kopf konzentriert. Neben der wöchentlichen Kolumne „Körner am Montag“ wäre seit 2014 in Sachen kontinuierlicher Öffentlichkeitsarbeit auch mehr „Perc am Freitag“ erwahrtbar gewesen, um das operative Geschäft der Fraktion durch Parteiarbeit stärker zu begleiten, zu unterstützen und die Stuttgarter SPD insgesamt wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Fünf Jahre lang seit 2014 gewartet zu haben, auch schon aus den Ergebnissen des „Wir sind besser“ Wahlkampfes 2009 kaum Lehren gezogen zu haben, um nun plötzlich wie Kai aus der Kiste mit der Neuen Stuttgarter SPD daher zu kommen, wirkt eher willkürlich. Nachvollziehbar, sicherlich besser funktioniert hätte es und damit zur richtigen Zeit wäre es gewesen, wäre man mit Martin Körner nach Roswitha Blind bereits 2014 als sich erneuernde Stuttgarter SPD ins Feld gezogen. Und zudem, gerade Martin Körner verfügt über jene gesunde Dosis an Charme in Kombination mit ausgeprägtem politischen Verstand und einem hohen Maß an Sachkompetenz - hat also den bezüglich politischer Führungsfiguren so oft geforderten „Sexiness-Faktor“, um in der Nähe der Menschen Akkzeptanz zu finden - und nun muss er im Wahlkampf die seitens eines Negativ-Campaign-Teams oktruierte Rolle des überzogenen „Agent Provocateur“ spielen. Wollten wir nicht alle immer schön authentisch bleiben?!

Rund drei Wochen lang muss sich die Neue SPD Stuttgart nun mit ihrem verunglückten Kampagnen-Start herumschlagen, um danach laut eigener Ankündigung in einer zweiten Welle das zu plakatieren und zu postulieren, was sie konkret für die nahe Zukunft will. Warum nicht bereits vom ersten Tag an Tacheles reden? Seitenhiebe auf den OB Fritz Kuhn hätte man dennoch mit unterbringen können - geschmeidig mit Körner-Carme von hinten durch die Brust und nicht mit einer Holzhammer-Methode, mit der man sich selbst vors Schienbein haut.

Nun gut - noch ist nicht aller Tage Abend (die schwarzen Plakate sieht man allerdings schlecht) und der Wahlkampf nimmt nun erst richtig Fahrt auf. Ein erstes und noch ein paar Wochen fernes Highlight werden ja die Umfragen sein, insbesondere die von Prof. Dr. Frank Brettschneider, der uns als „Orakel von Hohenheim“ so ca. Mitte Mai 2019 die wahrscheinlichen Wahlergebnisse schon mal voraussagen wird.

Bleibt abschließend nur noch ein letztes Bonmot zu erwähnen. 2012 trat Fritz Kuhn zur OB-Wahl mit dem Slogan an: Mir geht’s um Stuttgart. Und wie lautet der Slogan der Neuen SPD? Es geht um Stuttgart. Schau’n wir mal, was geht oder was nicht?

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