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Plitsch-Platsch · Teil 2 · Diskussionen in der Umkleidekabine

Als vor knapp drei Jahren Mitte 2016 die Öffnungszeiten des Stuttgarter Inselbades Untertürkheim um ein paar wenige Stunden reduziert wurden, lag dies daran, dass punktuell Personal zur Gewährleistung der Aufsichts- und Verkehrssicherungspflicht fehlte. In der Esslinger Zeitung (EssZet) vom 06. 06. 2016 hieß es dazu, dass der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn dennoch die gewohnten Öffnungszeiten der Stuttgarter Hallen- und Freibäder langfristig als gesichert sieht. 54,5 Stellen müssen durch Saisonkräfte in den Stuttgarter Freibäder besetzt werden, so hieß es weiter im damaligen EssZet-Artikel und wegen des allgemeinen Fachkräftemangels waren 2016 noch 7,5 Stellen unbesetzt. Folglich mussten die Öffnungszeiten im Inselbad Untertürkheim reduziert werden (3,5 Stunden spätere Öffnung und 0,5 Stunden frühere Schließung gegenüber den üblich Öffnungszeiten, damals). 271 wiesen die Stuttgarter Bäderbetriebe 2016 insgesamt aus, nur 4,5 Stellen waren unbesetzt. Eine dauerhafte Problemsituation sah OB Kuhn nicht, da aus einem Pool von damals 16 Auszubildenden, vorwiegend im Bereich Fachpersonal für Bäderbetriebe, die punktuell entstandene Personallücke schnell schließen ließe.

Kaum war die Freibad-Saison 2016 rum titelte die EssZet „Besucherschwund in den Mineralbädern“, in den drei Stuttgarter Mineralbädern. Zitiert werden Zahlen des Halbjahresberichtes für die drei Mineralbäder in Stuttgart - 455.500 Besucher - 22.121 Besucherverlust gegenüber dem Vorjahr. Und der Abwärtstrend ist nicht neu. In einem 16-jährigen Zeitrum von 2002 bis 2013 waren die Stuttgarter Minerralbäder für Besucherzahlen zwischen knapp 1,0 Mio. bis 1,3 Mio. gut. Im Durchschnitt von 16 Jahren besuchten rund 1,09 Mio. Badegäste pro Jahr die Stuttgarter Mineralbäder. 2017 waren es nur noch rund 870.000.

Seit 2013 geht’s Berg ab, nicht nur im Bad Berg und nicht nur wegen diverser Baumaßnahmen rund um Stuttgart 21 in jüngerer Zeit. Erkannt wurde dies schon vor Jahren und nicht erst jetzt, da der so genannte Bäderentwicklungsplan 2030 vorliegt und die Gemüter in der Gemeinde erhitzt. Aus Stuttgarter Eigensicht sind die Mineralbäder total toll, aber das internationale Publikum im Health- und Wellness-Bereich tummelt sich eher anderswo. Im Stuttgarter Talkessel über eine der ältesten Mineral-Quellen Europas zu verfügen, reicht heutzutage eben als Alleinstellungsmerkmal und Marketing-Argument nicht mehr aus. Besonders im Zusammenhang mit zahlungskräftig "Leidenden", die nach den Heilbad-Therapieanwendungen auch Kulturfreuden und Event-Spaß nach der Moorpackung suchen. Was in all den bisher veröffentlichten Analysen und Besserungsvorschlägen ja nicht vorkommt, das ist der Bereich der Sonderleistungen der drei Mineralbäder unter dem Stichwort physio-therapeutische Leistungen. Da wird zu wenig angeboten, nachgefragt und folglich zu wenig Umsatz gemacht. Und natürlich ist es vermutlich auch so - das der oder die national und international Wellness-Interssierten beim googeln seit drei, vier Jahren nicht die "Feinstaub-Hauptstadt" Stuttgart mit ihren drei Mineralbädern als potentielle "Wohlfühl-Oase" ausmachen. Gerade in Deutschlands Süd-Westen ist der Weg in Richtung alternativer Angebote ja nicht weit - nach Frankreich, Österreich oder in die Schweiz. Und letztendlich ist der Billig-Flieger in Richtung Ischia sowieso immer drin, wenn der Orthopäde und die Krankenkasse beim allgemeinen Knochen-Knirschen auch nicht weiter wissen.

Die Stuttgarter Bäderbetriebe (SBB) - bis 2009 / 2010 in die zwei eigenständige Bereiche Frei- und Hallenbäder und Mineralbäder aufgetelt gewesen - sind seit rund 10 Jahren ein zusammgelegter, ein fusionierter städtischer Eigenbetrieb. Im Jahr 2016 wechselte die Verantwortung im Rathaus für die SBB aus dem Resort des Finanzbürgermeisters (Michael Föll) ins Resort des Technik-Bürgermeister (Referat Technik, Dirk Thürnau). Im selben Jahr wurde Alexander Albrand neuer Bäder-Chef der SBB.

In den Jahren 2016 / 2017 wurden diverse Institutionen (z.B. die Hochscule Nürtingen, Studiengang Gesundheits- und Tourismusmanagement im Falle der Stuttgarter Mineralbäder) sowie eben auch die PROFUND Consult GmbH beauftragt, sich um allerlei Problemstellungen rund um die Stuttgarter Bäderlandschaft per Besucher-Befragung, Auswertung von Wirtschaftsdaten und Bewertungen von Markt- und Marketing-Chancen für die Zukunft fachlich beratend zu kümmern. Seit rund zwei Jahren nimmt man sich in diversen Abteilungen in der Rathaus-Verwaltung und im Gemeinderat also einer erkannten Misere an, will Abhilfe schaffen evaluiert, analysiert, sondiert und synthetisiert am Ende Vorschläge für die Zukunft der Stuttgarter Bäderlandschaft und erst zum Jahreswechsel 2018 / 2019 ploppt dann ein Konzept als so genanntes Bäderkonzept 2030 auf den Tisch der Öffentlichkeit, dass zugleich als fast schon fertige, als eine Art verlässliches Gutachten, als Beschlussvorlage für den Gemeinderat an diesen „verkauft“ wird. Inzwischen wurde die dazu einberaumte Gemeideratssitzung bzw. der Tagesordnungspunkt Bäderentwicklungsplan 2030 ja auf einen Juni-Termin nach der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 verschoben. Klar - niemend möchte sich hier glühende Finger weiter verbrennen.

Im Detail zeigt die Analys der PROFUND Consult GmbH Zahlenwerte, deren haushaltspolitische Interpration fragwürdig sind. Beispiel Stadtbad Heslach. In der inzwischen volkstümlich zum Bäderbericht 2030 gewordenen Studie der PROFUND Consult GmbH wird in der Gegenüberstellung von 8 Hallenbädern das Hallenbad Heslach mit folgenden Werten evaluatorisch beziffert: Besuche je Öffnungsstunde: 32. Besuche pro Quadratmeter Wasserfläche: 214. Allein aufgrund dieser dargebotenen Kennzahlen steht das Hallenbad Heslach nach dem Sonnenberg-Bad auf Platz 2 der durchschnittlichen Nachfrage in Verrechnung von Besucherzahlen und Wasserflächennutzung.

Zwar verzeichnet das Hallenbad Heslach - wie viele andere Bäder in Stuttgart auch - über einen längerfristigen Zeitraum hinweg bemerkenswerte Besucherrückgänge - aber es ist eingedenk eines allgemeinen Besucherrückgangs in allen Bädern Stuttgarts nun wahrlich nicht als erster Aspirant für saisonale Schließungen zu bewerten. Ja, es muss Vielfaches besser getan werden, um die Ansprüche, Anforderungen und Nachfragen der drei wesentlichen Akteure - Schulen, Vereine und die allgemeine Öffentlichkeit - badespaßmäßig und schwimmsportlich unter einen Hut zu bringen.

Möglicherweise ist es im Grundsatz schon falsch, für die Zukunft den Schwerpunkt auf eine Stuttgarter Mineralbad-Landschaft zu setzen, die im Vergleich mit anderen europäischen und internationalen Mitbewerbern - die tatsächlich die Bezeichnung „Bad“ vor dem Ortsnamen tragen und unter dem Stichwort „Health-Wellness-Fun-Shopping“ weit mehr zu bieten haben, als auf der Wiese im Leutze-Bad zwischen Schallschutzwänden inmitten einer Schnellstraße hie und einem Industrie-Fluß dort. Und die individuelle Kneipp-Kur kann doch heutzutage jeder in der eigenen Badewanne machen.

Stuttgart ist statistisch betrachtet ohnehin recht verwöhnt, was die Berechnung von einem Kubikmeter öffentlichem Schwimmbadwasser pro Kopf der Bevölkerung betrifft. Also - geschätzter Stadt-am-Fluss-Oberbürgermeister - bringen sie bitte die gesamte Bäderlandschaft vor dem Ende Ihrer Amtszeit mit Ihren Resortverantwortlichen im Rathaus in Ordnung. Über veränderte Öffnungs- und Nutzungzeiten lässt sich - so denke ich - mit allen über alles reden. Auch vor dem Hintergrund der Belastungsgrößen städtischer Eigenbetriebe im Gesamthaushalt der Stadt. Tun Sie es - nicht preußisch korrekt, sondern auf gut erprobte schwäbische Art. Sie kennen das seit Heimatsgeburtstagen an - schwätzet mit’d Leut. Noch isch Zeit.

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