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Das Medium ist die Botschaft - oder wie oder was?

Das Schöne und Fortschrittliche auf dem weiten Feld der Meinungsvielfalt ist, dass man sich heutzutage neben den klassischen „Postillen“ im immer mehr schwindenden Print-Bereich auch auf zahlreichen Online-Portalen informieren kann. Zwar stellt sich damit auch zunehmend die Frage an die Qualität innerhalb des quantitativ sehr großen und oft schnellschussartig veröffentlichten Informationsangebots, aber es nützt nichts, hierzu eine kulturpessimistische Debatte zu führen. Die Medienlandschaft hat sich verändert und mit ihr die Art und Weise unserer Wechselbeziehungen zwischen Sender und Empfänger, zwischen Autor und Leser, Bloger und Re-Tweeter und letztendlich zwischen den Freunden des Faktischen und den Fans der Fake-News.

Es ist schwerer geworden, Informationen zu bewerten, so zu bewerten, dass verlässliche informelle Klarheit gegeben ist und vertrauensbildenden Bestand hat. Das, was wir einst im Sprichwort als den ‚Besitz auf Schwarz und Weiß getrost nach hause tragen’ konnten, es hat sich relativiert. Weiterhin verfügen wir zwar über diesen informellen Besitz oder können aus den Informationen so etwas wie unser meinungsbildendes Eigentum generieren, aber dieser Prozess tröstet am Ende nicht mehr. Der Trost – ein inzwischen etwas altertümlicher Bergriff für Treue und Verlässlichkeit – ist im modernen Informationszeitalter fast verschwunden.

Das, was wir noch vor wenigen Jahren als dieses oder jenes „Leitmedium“ verstanden und heranziehen konnten, gibt es nicht mehr. Das Leitmedium ist tot und neu auferstanden ist eine Medienvielfalt und informelle Fülle, die nun mehr als zuvor jede/n Einzelne/n herausfordert, sich selbst aus einer Kraft ein haltbares und verlässliches Weltbild aus zahlreichen informellen Puzzle-Teilen zusammenzubauen. Die dabei entstehende neue Problematik ist gewissermaßen der Mangel an Puzzle-Kompetenz, an klarer Sortierfähigkeit. Welche Teile passen wo und wie und wann am besten in diesen oder jene Rahmen zur Herstellung eines überzeugenden Gesamtbildes, das sich dann als ein attraktives Motiv – inklusiver aller weiterhin gefragten „kunstkritischen“ Bewertungen – für einen längeren Zeitraum an die Wand hängen lässt ohne gleich kurz nach dem Hängen einem populistischen „Bildersturm“ ausgesetzt zu sein. Eine solche Fähigkeit, nämlich die verstärkte und intensivere Herausforderungen an das Individuum und die diversen gesellschaftlichen Kollektivbildungsprozesse zum bildnerischen Gestalten aus eigener Kraft, hat ursächlich und grundsätzlich mit Bildung zu tun.

Der Schauspieler Moritz Bleibtreu schwang sich jüngst in den Medien angesichts der von ihm so wahrgenommenen Eskalationen, Aggressionen und zunehmenden Gewaltverherrlichen in Sozialen Netzen provokant-plakativ dazu auf, für die Abschaffung des Internets zu plädieren. Ein eher hilfloser Appell oder Vorschlag. Nicht das Internet mit seinen weltweit fast unzähligen Portalen, die Angebote der so genannten Sozialen Medien oder die global agierenden Digital-Unternehmen sind das Problem im Falle von Missbrauch oder einer angeblich allgemein aus dem Ruder zu laufen drohenden Entwicklung im Bereich der digital gestützten Medien, sondern die Nutzer. Wenn Karla ihren Antwort-Satz auf den Post von Karl mit so etwas wie „Pass mal auf Du blödes Arschloch...“ beginnt, kann man doch nicht ernsthaft die Plattform Facebook dafür verantwortlich machen, das der Ton auf diesem Portal rauer wird und immer öfter unter die Gürtellinie rutscht. Denn – und dies wäre ja im analogen Alltagsleben genauso – im großen WIR gelten gut funktionierende Spieregel in der Kommunikation zwischen jedem ICH und dem, erst durch den kommunikativen Kontakt zum adressierten DU werden Gegenüber. Lässt sich alles ohne hier weiter ausführlicher zu werden unter dem Begriff R-E-S-P-E-K-T zusammenfassen und sollte zur Grundausbildung in Kindergarten und Schule gehören.

Also – es geht fundamental um ein Bildungsthema bei allen derzeit ins Feld geführten Argumenten und Bewertungen im Bereich der digitalgestützten Medien, deren Nutzanwendung auf zahlreichen Ebenen und last but not least bei der so zu nennenden ordnungspolitischen Ausrichtung im Umgang mit den facettenreichen neuen Möglichkeiten – und auch nichtgewollten und nicht zu ermöglichenden Spielarten - einer visionär hier so genannten global digitalized society.

Wer hier – und aus meiner Sicht wird dies in Deutschland auf politischer Ebene seit Jahren und Jahrzehnten zu sehr in diese Richtung allzu einseitig diskutiert – so etwas wie die allgemeine ‚Angst vor dem Algorithmus’ beschwört, der verkennt die Zeichen der Zeit und stellt sich zu unbefriedigend im Hier und Jetzt den Fragen in der aktuellen Moderne, um heute und für die Zukunft klare und umsetzbare Antworten zu suchen und zu finden.

Dies insbesondere deshalb, weil die digitale Revolution im Unterschied zur mechanischen, elektrischen oder dann allgemein industriellen Revolution des 18. und 19. Jahrhunderts, nicht tatsächlich völlig neu, nicht als technologische ad hoc Innovation und auch nicht mit allerlei unklaren und wenig absehbarer Experimental-Aspekten über uns „herfällt“, sondern – eben weil wir ca. 200 Jahre Technologiegeschichte in Bildung und Wissenschaft kennen – als einigermaßen logische und klar erkennbare Weiterentwicklung gesehen und verstanden werden kann. Hierbei kann mit das gesamte Thema mit Begriffsprägungen wie Umwälzung oder Abkopplung gesamtgesellschaftlich in einem eher bedrohlichen Szenario behandeln oder positiv sinnstiftend und zukunftsorientiert als gesamtgesellschaftliche Herausforderung anpacken. Das die dabei stattfindenden Entwicklungsschritte bei der Antwortsuche zum Zweck des „auf der Höhe der Zeit“ Bleibens in der Gesamtrechnung notorischer Weise diese oder jene Verwerfung in der Gesellschaft mit sich bringen, ist klar und muss hier nicht weiter ausgeführt werden. Ebenso klar – und vor allem sozialdemokratisch klar – ist jedoch auch, dass die Verwerfungen im Zuge neuer Entwicklungen nach besten Kräften minimal gehalten müssen und der allgemeine technologische und wirtschaftliche Fortschritt erst gar nicht zu Bewertungen und Klassifizierungen unter Begriffen wie „Gewinner“ und „Verlierer“ führen darf.

Noch liegt eine große Chance greifbar bereit in der derzeit völlig irritierten SPD Deutschlands, aus der guten alten Tante des 20. Jahrhunderts mit ihrer Handtasche Marke „Arbeiterpartei“ eine neue moderne Schwester des 21. Jahrhunderts zu machen ohne das Kerngeschäft aus Arbeitsmarkt-, Lohn- und Sozialpolitik zu verwässern oder gar aufgeben zu müssen. Die Handtasche muss bleiben. Die neue moderne Schwester muss kommen.
2016, als ich mich mit meiner kleinen Agentur in sehr guter Zusammenarbeit mit einigen SPD-Gliederungen im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg um einen Kandidaten mit türkischstämmiger und dekadenlanger deutscher Integrationserfahrung in Stuttgart gruppiert hatte, brachte ich für dessen Kampagne den Begriff der DIGITALEN DASEINSVORSORGE ins Spiel. Als einen seiner Programmpunkte, weil der Kandidat in seinem Arbeitsleben eben genau in einem dieser zahlreichen klein- und mittelständischen Unternehmen in Baden-Württemberg tätig ist und sich mit dem technologischen Wandel auskennt.

Ich empfehle übrigens den Begriff DIGITALE DASEINSVORSORGE ins Konzept der SPD auf Bundesebene aufzunehmen. Kenner der Szene wissen das ich dabei an den – im damaligen Bundestagswahlkampf 2009 etwas zu spät veröffentlichen Deutschland-Plan des Kandidaten Steinmeier referiere - und zugleich unter Stichworten wie Arbeit 4.0 oder meinetwegen auch Digitaler Kapitalismus daran erinnere, das Andrea Nahles – da war sie auf dem richtigen Posten - als Bundesministerin im Arbeitsministerium tatsächlich sehr gute Arbeit bzw. Vorarbeit zum Themenkomplex Zukunft der Arbeit und digitale Arbeitswelten geleistet hat. Es liegen da ganze Kompendien mit durchaus klugen Konzepten vor. Aber – sehr komisch – keine „Sau“ spricht darüber in angemessen zukunftsweisender Art.

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