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Flotter Dreier - Rheinländer bekommt Hilfe aus Hamburg und Hessen

Endlich. Spät, jedoch nicht zu spät formuliert die SPD ihr Steuerkonzept. Die so genannte Königsdisziplin. Als wohltuendes "basso ostinato" innerhalb allen Streits um Steuergerechtigkeit zwischen Haben und Soll und Haben und Sein in Staat und Gesellschaft. Hut ab. Die deutsche Sozialdemokratie hat erkannt, dass sie aktuell nicht mit Pauken und Trompeten ins Feld ziehen kann, sondern eine solide Bass-Linie mit ein paar interessanten Melodie-Kreationen komponieren muss. Herausgekommen ist ein guter, eingängiger Song für die Zukunft der kommenden vier Jahre. Hit tauglich.

Olaf Scholz und Thorsten Schäfer-Gümbel haben das Libretto (liebe Jugend, der Begriff kommt aus dem Lateinischen und meint Songtext) und die Melodie im Duo komponiert, Andrea Nahes hat als Chansonette im SPD-Chor kräftig mitgesungen und Martin Schulz muss nun als "Bandleader" auf der Bühne die Ganze möglichst gut interpretieren. So gut, dass hoffentlich viele im Volke mitsingen.

Der Dreiklang ist durch die SPD klar gesetzt. Soziale Gerechtigkeit steht als Überschrift seit immer. Substanziell gefüllt wird dies in aktueller Zeit durch einige Stellschrauben-Veränderungen an den so genannten Hartz IV-Gesetzen (siehe hierzu das Qualifizierungskonzept), durch Zukunft sichernde Renten-Gesetztgebungskonzepte (48% Auszahlung als Fix-Größe bis 2030) und durch eine pragmatische und an der Vernunft orientierte Steuerkonzeption. Das ist der Dreiklang. Einige, möglicherweise viele im Lande, wünschen sich zusätzlich mehr Wirtschaftskompetenz der SPD. Gemeint ist dabei Unternehmerfreundlichkeit. Ein altbekanntes Thema. Vorurteil: SPD kann nicht Wirtschaft. Ein dummer Vorwurf und ein dämliches Vorurteil. SPD kann Wirtschaft und Unternehmerfreundlichkeit. Sie konnte es unter Gerhard Schröder mit Hans Eichel und Joschkas Fischer so gut, das sich seit 2005 Angela Merkel und Wolfgang Schäuble bis heute damit brüsten können. So als wäre es auf ihrem Mist gewachsen.

Genau betrachtet und der Wahrheit näher ist doch, dass die wichtigen Erfolge zur Vorbereitung der deutschen Einheit und der europäischen Einbindung und Stärke Deutschlands inmitten Europas einerseits auf das Wirken des jüngst verstorbenen Helmut Kohl zurückgehen und dass andererseits das Rot-Grün-Regime unter Gerhard Schröder in Kontinuitätswahrung des damals erreichten, nicht Gegensteuerung betrieben hat, sondern wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Impulse gesetzt hat, die Deutschland im globalisierten Wettbewerb weiter vorangebracht haben. All dies sicher nicht zum Schaden des Unternehmertums.
Schauen wir unter dem Stichwort Kontinuität doch mal zurück. 1982. Machtübername der CDU wider Helmut Schmidt. Ist die CDU damals unter Helmut Kohl vom grundsätzlich etablierten Konzept der SPD unter dem Stichwort "Einheit durch Annäherung" abgewichen? Natürlich nicht. Hat Horst Teltschik substanziell eine andere Politik betrieben als Egon Bahr? Nein. Ist die deutsche Einigungspoltiik ein Verdienst der CDU? Nein. Die deutsche Einheit ist das Ergebnis sozialdemokratischer Kärrnerarbeit über Dekaden hinweg und am Ende allen Wirkens hing der Lorbeerkranz über dem Haupt von Helmut Kohl. Am Ende des Prozesses durchaus verdienstvoll, aber wirklich gedient hatten vorher Sozialdemokraten.

Gerade diese Aspekte über Dekaden hinweg - die Kontinuität der Deutschen in großen Fragen, sei es die frühere Ost-Politik oder nach der deutschen Einheit, die neue Eintaktierung nationaler Befindlichkeiten in europäische oder internationale Rhythmen, dafür schätzt uns die Welt im Aufbruch in eine neue Modernität des 21. Jahrhundert. Kaum ein Land in Europa balanciert derzeit die Notwendigkeit eigener Substanzsicherung im Inneren und die Angebotsvielfalt nach Außen so geschickt und verlässlich, wie Deutschland. Wir haben Spielräume. Spielräume, die die CDU unter Angela Merkel kaum erkennt. Das Merkel-Regime ist insgesamt nicht schlecht - es ist nach zu langen Jahren der Macht zu müde für die Dynamiken der Zukunft geworden.

Deshalb ist es Zeit für neue Ideen und verbesserte Umsetzungskonzepte. Es geht um die prosperierende Weiterentwicklung Deutschlands im Konzert Europas und auf den Bühnen der Welt. Es geht um neue Visionen zur Stabilitätssicherung - insbesondere im längst laufenden Digitalen Zeitalter - und nicht um die Beharrlichkeit eines "Weiter so". Deshalb ist es wahr, klar und richtig, das die SPD die Abschaffung des Soli-Zuschalgs für den Aufbau Ost so schnell wie möglich fordert. Denn nach über 25 Jahren sind die überwiegenden Kriterien zur Rechtfertigung dieser spezifischen fiskalischen Sonderabgabe weggefallen - auch aus Sicht des Verfassungsgerichts.

Drei Monate sind im Wahlkampf noch Zeit. Zeit für die Weiterentwicklung und Anpassung eines modernen Deutschland im Kontext der Globalisierung. Es ist Zeit für Martin Schulz als Kenner und Macher zugunsten der seit 1990 neu gewonnen deutschen Nation in ihren "vier Wänden", eingebunden in ein europäisches Haus und seitdem souverän eingeladen auf dem Parkett der Welt.

Martin Schulz kennt die Niederungen und Wechselfälle des Lebens aus eigener Biografie gut. Ein Merkmal seiner Authentizität ist, das er in der eigenen Biografie ohne Umschweife dazu steht. Analytisch dazu steht, aber eben nicht synthetisch. In der Synthese ist Martin Schulz eben kein "Bücherwurm aus Würselen", sondern ein klassischer Aufsteiger im Sinne sozialdemokratische Postulate seit den Gründungstagen der Partei. Kleiner Mann ganz groß. Von Würselen nach Europa. Hocharbeiten an die Spitze.

Im Willy-Brandt-Haus zu Berlin hat man das bis dato nicht richtig erkannt, obwohl Sigmar Gabriel nach rund sieben Jahren als Parteichef die beste Rochade hinbekommen hatte, die man sich seit ewigen Zeiten im Personal-Portfolio der SPD nur vorstellen kann. Seit Ende Januar 2017 wurde Martin Schulz als "Heiland" und "Hype-Hypster" medial zu sehr verheizt. Eben als jener Buchhändler, statt als großer Europäer. Verbrannt ist er jedoch noch nicht. Stichwort - Phönix aus der Asche.

Jetzt muss er wieder geerdet werden. Als großer Europäer für Deutschland. Olaf Scholz, Thorsten Schäfer-Gümbel und Andrea Nahes haben ihren Beitrag bereits gut geleistet. Schauen wir mal, was der neue und einst altgediente Generalsekretär Hubertus Heil in den kommenden drei Monaten kommunikationstechnisch daraus macht.

Mein Kollege im Geiste, Dieter Wonka, hatte auf der heutigen Pressekonferenz ja schon die zentrale Frage gestellt. Eine Frage die er auch schon vor vier Jahren Peer Steinbrück oder vor acht Jahren Frank-Walter Steinmeier hätte stellen können: Wie will die SPD den 10%-Abstand zur CDU/CSU aufholen?

Drei Monate Aufholjagd sind kurz. Zu kurz für zuviel Versäumnisse von Anfang an im Willy-Brandt-Haus. Die Macht wird am Ende - reine Mathematik der Demoskopen schon jetzt - nicht mit Martin Schulz sein. Doch es besteht eine realistische Chance, die SPD in einer absehbar nächsten GroKo zu größerer Machtfülle zu führen. Dafür sollte sich ab jetzt jedes Mitglied in den Parteigliederungen bis runter zum Ortsverein die Hacken ablaufen.

Je mehr Sozis bei dieser Wahl am Ende ins Parlament kommen, desto besser für den kommenden "Showdown" 2021. Dann könnte Ernte eingefahren werden - jetzt geht es noch darum, das Feld gut und besser zu bestellen. Dies muss aktuell sozialdemokratische Herzblut-Motivation genug sein. Also - raus aus den Hinterzimmern, rauf auf die Straße und ran an die Menschen im Land. Jetzt gute Inhalte mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen anpreisen. Der richtige Laden wird dann ab 2021 eröffnet.

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